Lateinischer Text: | Deutsche Übersetzung: |
---|---|
Annales, Liber quartus (4) | Aufgaben der Geschichtsschreibung – Buch 4 |
Nam cunctas nationes et urbes populus aut primores aut singuli regunt: | Entweder das Volk regiert alle Nationen und Städte oder die Adeligen oder Einzelne: |
Delecta ex iis et consociata rei publicae forma laudari facilius quam evenire, vel si evenit, haud diuturna esse potest. | Die von denen ausgewählte und zusammengesetzte Form des Staates wird leichter gelobt als verwirklicht, oder, wenn sie verwirklicht ist, kann sie nicht lang andauernd sein. |
Igitur ut olim plebe valida, vel cum patres pollerent, noscenda vulgi natura et quibus modis temperanter haberetur, senatusque et optimatium ingenia qui maxime perdidicerant, callidi temporum et sapientes credebantur, sic converso statu neque alia re Romana quam si unus imperitet, haec conquiri tradique in rem fuerit, quia pauci prudentia honesta ab deterioribus, utilia ab noxiis discernunt, plures aliorum eventis docentur. | Wie daher früher, als das Volk stark war oder die Senatoren mächtig waren, man den Charakter/das Wesen des Volkes kennen musste auf welche Arten es unter Kontrolle gehalten wird, und wie diejenigen, die das Wesen des Senates und der Adeligen am besten durchschaut hatten, für Kenner der Zeit und für Weise gehalten wurden, ebenso dürfte es (heute), nach der Änderung der Verfassung und da es keine andere römische Staatsform gibt als die Monarchie, von Nutzen sein, diese Ereignisse zu sammeln und zu überliefern, weil nur wenige durch Klugheit das Anständige vom weniger guten, das Nützliche vom Schädlichen unterscheiden, mehr Menschen aber durch die Erfahrungen anderer belehrt werden. |
Ceterum ut profutura, ita minimum oblectationis adferunt. | Im übrigen wird das zwar nützlich sein, aber es bringt nur sehr wenig Unterhaltung. |
Nam situs gentium, varietates proeliorum, clari ducum exitus retinent ac redintegrant legentium animum: | Denn die Lage der Völker, die Vielfalt der Schlachten/Kämpfe, der ruhmvolle Tod der Führer fesseln immer wieder aufs neue den Geist/die Aufmerksamkeit der Leser: |
Nos saeva iussa, continuas accusationes, fallaces amicitias, perniciem innocentium et easdem exitii causas coniungimus, obvia rerum similitudine et satietate. | Wir reihen aneinander grausame Befehle, nie enden wollende Anschuldigungen, trügerische Freundschaften, den Untergang von Unschuldigen und immer wieder dieselben Gründe für den Niedergang des Staates, wobei die Ähnlichkeit der Dinge und der Überdruss offensichtlich sind. |
Tum quod antiquis scriptoribus rarus obtrectator, neque refert cuiusquam Punicas Romanasne acies laetius extuleris: | Dazu kommt, dass die alten Schriftsteller selten getadelt werden, und es kümmert niemanden, ob man freudiger die römischen oder punischen Schlachtreihen schildert: |
At multorum qui Tiberio regente poenam vel infamias subiere posteri manent. | aber von vielen, die unter der Herrschaft des Tiberius Strafen oder Entehrungen erlitten haben, leben noch die Nachkommen. |
Utque familiae ipsae iam extinctae sint, reperies qui ob similitudinem morum aliena malefacta sibi obiectari putent. | Und wenn auch die Familien selbst ausgestorben/ausgelöscht sind, wirst du Leute finden, die wegen der Ähnlichkeit des Charakters glauben, dass Übeltaten Fremder ihnen vorgehalten werden. |
Etiam gloria ac virtus infensos habet, ut nimis ex propinquo diversa arguens. | Auch der Ruhm und die Tüchtigkeit haben Feinde, da sie bei der Betrachtung aus allzu großer Nähe das Gegenteil deutlich zeigen. |
Sed ad inceptum redeo. | |
Eingereicht von Susanne P. |