Vergil – Aeneis – Liber quartus – Vers 362-396 – Übersetzung

Talia dicentem iamdudum auersa tuetur
huc illuc uoluens oculos totumque pererrat
luminibus tacitis et sic accensa profatur:
’nec tibi diua parens generis nec Dardanus auctor, 365
perfide, sed duris genuit te cautibus horrens
Caucasus Hyrcanaeque admorunt ubera tigres.
nam quid dissimulo aut quae me ad maiora reseruo?
num fletu ingemuit nostro? num lumina flexit?
num lacrimas uictus dedit aut miseratus amantem est? 370
quae quibus anteferam? iam iam nec maxima Iuno
nec Saturnius haec oculis pater aspicit aequis.
nusquam tuta fides. eiectum litore, egentem
excepi et regni demens in parte locaui.
amissam classem, socios a morte reduxi 375
(heu furiis incensa feror!): nunc augur Apollo,
nunc Lyciae sortes, nunc et Ioue missus ab ipso
interpres diuum fert horrida iussa per auras.
scilicet is superis labor est, ea cura quietos
sollicitat. neque te teneo neque dicta refello: 380
i, sequere Italiam uentis, pete regna per undas.
spero equidem mediis, si quid pia numina possunt,
supplicia hausurum scopulis et nomine Dido
saepe uocaturum. sequar atris ignibus absens
et, cum frigida mors anima seduxerit artus, 385
omnibus umbra locis adero. dabis, improbe, poenas.
audiam et haec Manis ueniet mihi fama sub imos.‘
his medium dictis sermonem abrumpit et auras
aegra fugit seque ex oculis auertit et aufert,
linquens multa metu cunctantem et multa parantem 390
dicere. suscipiunt famulae conlapsaque membra
marmoreo referunt thalamo stratisque reponunt.
At pius Aeneas, quamquam lenire dolentem
solando cupit et dictis auertere curas,
multa gemens magnoque animum labefactus amore 395
iussa tamen divum exsequitur classemque revisit.


Deutsche Übersetzung:
Auseinandersetzung zwischen Dido und Aeneas (Buch 4)

Während er solches sprach, blickt sie ihn schon lange von der Seite (wörtl. als Abgewandte) an, rollt ihre Augen hierhin und dorthin und mustert ihn zur Gänze mit schweigenden Augen und spricht erregt folgendes: „Nicht hast du eine Göttin zur Mutter, und nicht ist Dardanus der Ahnherr deines Geschlechts, du Treuloser, sondern dich zeugte der von harten Felsen starrende Kaukasus, und hyrkanische Tiger haben (dir) die Zitzen gereicht (dich gesäugt). Denn wozu verhehle ich (die Wahrheit) oder welch größerem (Unrecht) spare ich mich auf? Hat er etwa über meine Tränen geseufzt? Hat er etwa seine Augen (auf mich) hergewandt? Hat er etwa gerührt Tränen vergossen oder die Liebende bedauert? Was soll ich wem vorziehen? Nein; weder die größte Iuno noch der saturnische Vater schaut diesen Dingen mehr mit wohlwollenden Augen zu. Nirgends ist sichere Treue. Einen an die Küste Geworfenen, einen Bedürftigen habe ich aufgenommen und (ihm) töricht Anteil am Reich gegeben. Die verlorene Flotte habe ich geborgen, seine Gefährten vor dem Tod gerettet (ach, vom Wahnsinn entflammt werde ich fortgerissen!): Jetzt auf einmal (ist) es der Seher Apoll, jetzt auf einmal (sind es) die lykischen Orakelsprüche, jetzt auf einmal bringt sogar der Götterbote, der von Juppiter selbst gesandt wurde, die schrecklichen Befehle durch die Lüfte. Freilich, das ist die Aufgabe der Götter, diese Sorge stört ihre Ruhe (wörtl. die ruhigen Götter). Weder halte ich dich, noch widerlege ich deine Worte: Geh’, fahre nach Italien mit (günstigen) Winden, suche ein Reich über den Meereswellen. Ich hoffe allerdings, wenn die gerechten Götter etwas vermögen, dass (du) mitten auf den Klippen Qualen voll auskosten und Dido reuevoll beim Namen rufen wirst. Ich werde mir mit unheilvollen Flammen folgen, auch wenn ich fern bin, und wenn (einmal) der kalte Tod die Glieder von der Seele getrennt hat, werde ich an allen Orten als Schatten anwesend sein. Du wirst, Ruchloser, Strafe büßen. Ich werde (davon) hören, und die Kunde davon wird zu mir in die tiefste Unterwelt gelangen.“ Mit diesen Worten bricht sei inmitten ihrer Rede ab, eilt schöpft ins Haus (wörtl. flieht die Lüfte), entzieht sich seinen Blicken und eilt davon; sie lässt ihn allein, der aus Angst zögert und sich anschickt, vieles zu sagen. Es fangen (sie) an die Dienerinnen auf und bringen die zusammengesunkenen Glieder ins Mamorgemach und legen sie auf ihr Lager. Obwohl der pflichtgetreue Aeneas die Leidende mit Trost zu beschwichtigen und mit Wirten ihre Sorgen abzuwenden wünscht, seufzt er tief (wörtl. viel) und führt dennoch, im Herzen erschüttert von großer Liebe, die Befehle der Götter aus und sieht nach der Flott.

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