Fert animus propius consistere: supprime habenas,
Musa, nec admissis excutiare rotis.
Verba vadum temptent abiegnis scripta tabellis:
Accipiat missas apta ministra notas. 470
Inspice: quodque leges, ex ipsis collige verbis,
Fingat, an ex animo sollicitusque roget.
Postque brevem rescribe moram: mora semper amantes
Incitat, exiguum si modo tempus habet.
Sed neque te facilem iuveni promitte roganti, 475
Nec tamen e duro quod petit ille nega.
Fac timeat speretque simul, quotiensque remittes,
Spesque magis veniat certa minorque metus.
Munda, sed e medio consuetaque verba, puellae,
Scribite: sermonis publica forma placet; 480
A! quotiens dubius scriptis exarsit amator,
Et nocuit formae barbara lingua bonae!
Sed quoniam, quamvis vittae careatis honore,
Est vobis vestros fallere cura viros,
Ancillae puerique manu perarate tabellas, 485
Pignora nec iuveni credite vestra novo.
Perfidus ille quidem, qui talia pignora servat, 489
Sed tamen Aetnaei fulminis instar habent.
Vidi ego pallentes isto terrore puellas 487
Servitium miseras tempus in omne pati.
Iudice me fraus est concessa repellere fraudem, 491
Armaque in armatos sumere iura sinunt.
Ducere consuescat multas manus una figuras,
(A! pereant, per quos ista monenda mihi)
Nec nisi deletis tutum rescribere ceris, 495
Ne teneat geminas una tabella manus.
Femina dicatur scribenti semper amator:
Illa sit in vestris, qui fuit ille, notis.
Deutsche Übersetzung: (Buch 3, Vers 467-497)
Der Liebesbrief
Es drängt mich, in näherer Entfernung stehen zu bleiben. Halte die Zügel fest, Muse, und lass dich nicht vom schnellen Wagen abwerfen! Worte, auf Tafeln aus Tannenholz geschrieben, mögen den Zugang prüfen; eine geeig-nete Magd möge den aufgegebenen Brief übernehmen. (471) Schau hinein, und alles, was du liest, entnimm den Worten selbst, ob er heuchelt oder auf-richtig und voll Sehnsucht (dich) bittet. Und nach kurzer Zeit schreibe zu-rück. Die Zeit feuert immer die Liebenden an, wenn sie nur eine kurze Span-ne ausmacht. (475) Aber versprich dich weder gefällig dem jungen Mann auf sein Drängen, noch schlag ihm hartherzig das ab, was jener begehrt! Lass ihn fürchten und hoffen zugleich und sooft du erwiderst, komme eine sicherere Hoffnung und eine kleinere Angst. Nette, aber einfache und gebräuchliche Worte schreibt, ihr Mädchen! Eine alltägliche Art der Spra-che gefällt. (481) Ach! Wie oft entflammte ein schwankender Liebhaber auf einen Brief hin und ist ein ungehobelter Stil dem Erfolg der Schönheit im Weg gestanden! Aber da euch daran liegt, obwohl ihr der ehrenden Haarbin-de entbehrt, eure Geliebten zu hintergehen, (485) lasst von der Hand einer Magd oder eines Sklaven den Brief schreiben, auch vertraut nicht einem neuen Sklaven eure Liebesbriefe an. Ich habe selbst Mädchen gesehen, die, krank aus derartiger Angst, unglücklich für alle Zeit das elende Los (eines Sklaven) ertrugen. Unredlich (ist) jener allerdings, der solche Liebesbriefe aufbewahrt, aber dennoch eine gewichtige Waffe wie einen Blitz vom Ätna hat. (491) Wenn ich urteilen darf: Ein Betrug ist erlaubt, um einen anderen (Betrug) zu beseitigen, und das Recht gestattet, Waffen gegen Bewaffnete zu ergreifen. Eine Hand möge sich (daran) gewöhnen, die Handschrift viel-fach zu verstellen. Ach! Tod denen, derentwegen ich solche Ermahnungen vorbringen muss. (495) Auch ist es nicht gefahrlos zurück zu schreiben, wenn man die (frühere) Schrift nicht ausgelöscht hat, damit nicht ein Brief zweierlei Handschriften enthält. Als Frau möge der Liebhaber immer von der Schreiberin angesprochen werden, „sie“ möge es in euren Briefen anstel-le von „er“ heißen.