Lateinischer Text: |
Deutsche Übersetzung: |
Epistula 6, Liber quartus – M. Cicero S. D. Ser. Sulpicio |
Brief 6, Buch 4 |
Ego vero, Servi, vellem, ut scribis, in meo gravissimo casu affuisses; quantum enim praesens me adiuvare potueris et consolando et prope aeque dolendo, facile ex eo intelligo, quod litteris lectis aliquantum acquievi, nam et ea scripsisti, quae levare luctum possent, et in me consolando non mediocrem ipse animi dolorem adhibuisti: |
Ich aber, mein Servius , ‚hätte gewollt‘, du wärest, wie du schreibst, in meinem sehr schweren Unglück anwesend gewesen. Denn wie viel du mir als Anwesender sowohl durch Trösten als auch beinahe in gleicher Weise durch Empfinden von Schmerz helfen konntest, ersehe ich leicht daraus, dass ich nach dem Lesen deines Briefes etwas Trost gefunden habe / zur Ruhe gekommen bin, denn du hast einerseits das geschrieben, was meine Trauer erleichtern könnte, und andererseitsin der Tröstung von mir selbst keinen geringen Schmerz deines Herzens gezeigt / an den Tag gelegt. |
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Servius tamen tuus omnibus officiis, quae illi tempori tribui potuerunt, declaravit et quanti ipse me faceret et quam suum talem erga me animum tibi gratum putaret fore; Cuius officia iucundiora scilicet saepe mihi fuerunt, numquam tamen gratiora. |
Jedoch hat dein Servius durch alle Freundschaftsdienste, welche jener Lage/Zeit erwiesen werden konnten, zum Ausdruck gebracht, wie hoch er mich einerseits selbst achte/schätze und andererseits meine/glaube, wie sehr seine derartige Haltung mir gegenüber dir angenehm sein würde; Natürlich waren mir die Freundschaftsdienste dieses oft ziemlich erfreulich, niemals jedoch erwünschter. |
Me autem non oratio tua solum et societas paene aegritudinis, sed etiam auctoritas consolatur; turpe enim esse existimo me non ita ferre casum meum, ut tu, tali sapientia praeditus, ferendum putas; sed opprimor interdum et vix resisto dolori, quod ea me solatia deficiunt, quae ceteris, quorum mihi exempla propono, simili in fortuna non defuerunt: |
Aber mich tröstet nicht nur deine Rede und die beinahe gemeinsame Teilnahme am Kummer, sondern auch dein Einfluss; Denn ich glaube, dass es schändlich sei halte es für eine Schande dass ich mein Unglück nicht so ertrage, wie du, der du mit solcher Weisheit ausgestattest bist, glaubst, dass man es ertragen müsse (ferendum + esse + casum); Aber bisweilen werde ich überwältigt und widerstehe nur mit Mühe dem Schmerz, weil mir diese Trostmittel ausgehen, die den Übrigen, deren Beispiele/Vorbilder ich mir vor Augen halte, in einem ähnlichen Schicksalschlag nicht gefehlt haben / sehr wohl zur Verfügung standen: |
Nam et Q. Maximus, qui filium consularem, clarum virum et magnis rebus gestis, amisit, et L. Paullus, qui duo septem diebus, et vester Gallus et M. Cato, qui summo ingenio, summa virtute filium perdidit, iis temporibus fuerunt, ut eorum luctum ipsorum dignitas consolaretur ea, quam ex re publica consequebantur; |
Denn sowohl Q. Maximus, der seinen Sohn, einen ehemaligen Konsul, einen auch durch große vollbrachte Taten bekannten Mann, verloren hat, als auch L. Paullus, der 2 Söhne innerhalb von 7 Tagen, sowie euer Gallus und M. Cato, der einen Sohn von höchster Begabung und Tüchtigkeit eingebüßt hat, sie haben zu diesen Zeiten gelebt, dass über deren Trauer die eigene würdige Stellung, welche sie durch/aus den Staat erreichten, hinwegtröstete. |
Mihi autem amissis ornamentis iis, quae ipse commemoras quaeque eram maximis laboribus adeptus, unum manebat illud solatium, quod ereptum est: non amicorum negotiis, non rei publicae procuratione impediebantur cogitationes meae, nihil in foro agere libebat, aspicere curiam non poteram, existimabam, id quod erat, omnes me et industriae meae fructus et fortunae perdidisse: |
Mir aber blieb nach dem Verlust dieser Auszeichnungen, welche du selbst erwähnst/anführst und die ich unter größten Anstrengungen erlangt hatte, jener einzige Trost, der entrissen worden ist. Weder durch die Angelegenheiten meiner Freunde noch durch den Staatsdienst wurden meine Gedanken gehemmt/zurückgehalten, ich mochte/wollte nichts auf dem Forum unternehmen, konnte die Kurie nicht ansehen, ich glaubte, das was war wie es denn auch wirklich war, dass ich alle Früchte sowohl meines Fleißes als auch meines Glücks verloren hatte/hätte. |
Sed, cum cogitarem haec mihi tecum et cum quibusdam esse communia, et cum frangerem iam ipse me et cogerem illa ferre toleranter, habebam, quo confugerem, ubi conquiescerem, cuius in sermone et suavitate omnes curas doloresque deponerem: |
Aber als ich überlegte, dass mir das mit dir und manchen gemeinsam wäre, als ich mich schon selbst überwand und dazu zwang, jenes geduldig zu ertragen, hatte ich eine Zufluchtsmöglichkeit, wohin ich Zuflucht nehmen, wo ich zur Ruhe kommen und in angenehmer Unterhaltung mit diesem alle Sorgen und Schmerzen ablegen könnte: |
Nunc autem hoc tam gravi vulnere etiam illa, quae consanuisse videbantur, recrudescunt; non enim, ut tum me a re publica maestum domus excipiebat, quae levaret, sic nunc domo maerens ad rem publicam confugere possum, ut in eius bonis acquiescam. |
Nun aber brechen durch diese so schwere Wunde sogar jene Wunden wieder auf, die (schon) geheilt zu sein schienen. Denn ich kann jetzt nicht, wie mich, der ich wegen dem Staat traurig war, damals mein Haus aufnahm, um mich zu ermutigen, in dieser Weise traurig beim Staat Zuflucht suchen, um in dessen Gütern Ruhe zu finden. |
Itaque et domo absum et foro, quod nec eum dolorem, quem ad re publica capio, domus iam consolari potest nec domesticum res publica. |
Daher bin ich sowohl vom Haus als auch vom Forum entfernt, weil nun weder das Haus über den Schmerz, den ich beim Staat erleide, hinwegtrösten kann, noch der Staat über den privaten Schmerz. |
Quo magis te exspecto teque videre quam primum cupio maior enim levatio mihi afferri nulla potest quam coniunctio consuetudinis sermonumque nostrorum; quamquam sperabam tuum adventum sic enim audiebam appropinquare. |
Um so mehr warte ich auf dich und will dich möglichst bald sehen denn mir kann keine größere Erleichterung gebracht werden als die Verbindung/Freundschaft des geselligen Umgangs und unserer Gespräche; Jedoch hoffte ich, dass deine Ankunft, denn so hörte ich, sich nähert/bevorsteht. |
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Ego autem cum multis de causis te exopto quam primum videre, tum etiam, ut ante commentemur inter nos, qua ratione nobis traducendum sit hoc tempus, quod est totum ad unius voluntatem accommodandum et prudentis et liberalis et, ut perspexisse videor, nec a me alieni et tibi amicissimi; |
Ich aber wünsche dich sowohl aus vielen Gründen möglichst bald zu sehen, insbesondere aber auch, dass wir vorher untereinander überlegen, wie von uns diese Zeit verbracht werden muss/soll, die als ganze nach dem Willen eines einzigen Mannes ausgerichtet werden muss, eines klugen und großzügigen und eines, wie ich genau erkannt zu haben scheine, der mir nicht abgeneigt und dir sehr freundlich gesonnen / zugetan ist. |
Quod cum ita sit, magnae tamen est deliberationis, quae ratio sit ineunda nobis non agendi aliquid, sed illius concessu et beneficio quiescendi. Vale. |
Unter diesen Umständen ist es die Aufgabe einer gewaltigen Planung/Überlegung, welche Überlegung von uns angestellt werden muss, nicht, um irgendetwas zu tun, sondern mit Erlaubnis und Vergünstigung von jenem Ruhe zu finden. |