Ovid – Fasti – Liber quartus – Venus – Übersetzung

Serus ab Iliacis, et post Antenora, flammis
attulit Aeneas in loca nostra deos.
huius erat Solimus Phrygia comes unus ab Ida,
a quo Sulmonis moenia nomen habent, 80
Sulmonis gelidi, patriae, Germanice, nostrae.
me miserum, Scythico quam procul illa solo est!
ergo ego tam longe — sed supprime, Musa, querellas:
non tibi sunt maesta sacra canenda lyra.
Quo non livor abit? sunt qui tibi mensis honorem 85
eripuisse velint invideantque, Venus.
nam, quia ver aperit tunc omnia densaque cedit
frigoris asperitas fetaque terra patet,
Aprilem memorant ab aperto tempore dictum,
quem Venus iniecta vindicat alma manu. 90
illa quidem totum dignissima temperat orbem,
illa tenet nullo regna minora deo,
iuraque dat caelo, terrae, natalibus undis,
perque suos initus continet omne genus.
illa deos omnes (longum est numerare) creavit, 95
illa satis causas arboribusque dedit,
illa rudes animos hominum contraxit in unum,
et docuit iungi cum pare quemque sua.
quid genus omne creat volucrum, nisi blanda voluptas?
nec coeant pecudes, si levis absit amor. 100
cum mare trux aries cornu decertat, at idem
frontem dilectae laedere parcit ovis;
deposita sequitur taurus feritate iuvencam,
quem toti saltus, quem nemus omne tremit;
vis eadem lato quodcumque sub aequore vivit 105
servat, et innumeris piscibus implet aquas.
prima feros habitus homini detraxit: ab illa
venerunt cultus mundaque cura sui.
primus amans carmen vigilatum nocte negata
dicitur ad clausas concinuisse fores, 110
eloquiumque fuit duram exorare puellam,
proque sua causa quisque disertus erat.
mille per hanc artes motae; studioque placendi,
quae latuere prius, multa reperta ferunt.
hanc quisquam titulo mensis spoliare secundi 115
audeat? a nobis sit furor iste procul.
quid quod ubique potens templisque frequentibus aucta,
urbe tamen nostra ius dea maius habet?
pro Troia, Romane, tua Venus arma ferebat,
cum gemuit teneram cuspide laesa manum; 120
caelestesque duas Troiano iudice vicit
(ah nolim victas hoc meminisse deas),
Assaracique nurus dicta est, ut scilicet olim
magnus Iuleos Caesar haberet avos.
nec Veneri tempus, quam ver, erat aptius ullum 125
(vere nitent terrae, vere remissus ager;
nunc herbae rupta tellure cacumina tollunt,
nunc tumido gemmas cortice palmes agit),
et formosa Venus formoso tempore digna est,
utque solet, Marti continuata suo est. 130
vere monet curvas materna per aequora puppes
ire nec hibernas iam timuisse minas.


Deutsche Übersetzung: (Buch 4, Vers 77-132)
Venus

Spät und nach Antenor brachte Aeneas nach dem Brand (wörtl.: nach den Flammen) IIions die Göttin in unsere Gebiete. Einer von seinen Begleitern war Solymus vom phrygischen Ida(gebirge), (80) von dem die Mauern Sulmos ihren Namen haben, des kühlen Sulmos, Germanicus, unserer Heimatstadt. Ich Armer, wie weit ist jenes vom skythischen Land (entfernt)! Soll ich also so weit – doch unterdrücke, Muse, die Klagen! Du darfst nicht heilige Dinge zu einer traurigen Lyra singen. – (85) Wohin versteigt sich nicht der Neid? Es gibt welche, die dir die Ehre des Monats wegnehmen wollen und dich, Venus, beneiden. Denn weil dann der Frühling alles auftut und die erstarrende (wörtl.: dichtmachende (aktiv gebraucht)) Rauheit des Frostes weicht und die Erde fruchtbar offen steht, sei der April, (so) sagt man (wörtl.: sie erzählen, dass der April…), nach der Zeit der Öffnung genannt worden, (90) den die segenspendende Venus für sich beansprucht, nachdem sie sich seiner bemächtigt hat. Sie beherrscht ja als Würdigste den ganzen Erdkreis, sie besitzt ein kleineres Reich als das irgendeines (anderen) Gottes und spricht Recht über Himmel, Erde und Meer, den Ort ihrer Geburt (wörtl.: Wellen ihrer Geburt), und durch ihr Erscheinen erhält sie jedes Geschlecht. (95) Sie hat alle Götter – es wäre lang, (sie) aufzuzählen – geschaffen, sie gab den Saaten und Bäumen die Grundlage (zum Entstehen), sie vereinte die unkundigen (Herzen der) Menschen und lehrte einen jeden, sich mit seiner Gefährtin zu vereinen. Was erzeugt jede Art der Vögel außer lockende Begierde? (100) Und nicht würden sich die Tiere paaren, wenn jede Spur (wörtl.: ein (ganz) leichtes/geringfügiges) von Liebesverlangen fehlte. Mit seinem Rivalen kämpft der ungestüme Widder mit seinem Horn um den Sieg, doch derselbe unterlässt es, die Stirn des begehrten Schafes zu verletzen. Hat der Stier seine Wildheit abgelegt, folgt er der (jungen) Kuh, vor dem alle Triften, vor dem jeder Hain zittert. (105) Dieselbe Kraft erhält alles, was unten im weiten Meer lebt, und füllt mit zahllosen Fischen die Fluten. Sie nahm zuerst dem Menschen das wilde Verhalten, von jener kamen feine Sitte und saubere Körperpflege; als erster soll ein Verliebter ein Ständchen zur Nachtzeit vor der verschlossenen Tür gesungen haben, da (ihm) die Nacht (mit der Geliebten) verwehrt worden war, (111) es galt als Beredsamkeit, die spröde Geliebte zu erweichen, und für seine eigene Sache war jeder redegewandt. Tausend Künste entstanden durch sie, und durch das Streben zu gefallen wurde vieles hervorgebracht, was früher verborgen war, sagt man. (115) Könnte da jemand wagen, ihr die Ehre des zweiten Monats wegzunehmen? Von uns bleibe fern dieser Wahn! Was (soll ich darüber sagen,) dass die Göttin zwar überall mächtig ist und in viel besuchten Tempeln verherrlicht wird, doch in unserer Stadt ein größeres Recht hat? Für dein Troja, Römer, trug Venus die Waffen, als sie, an der zarten Hand vom Speer verletzt, (vor Schmerz) stöhnte, und zwei Himmlische besiegte sie nach dem Urteil des Trojaners – ach(!) hätten sich doch die besiegten Göttinnen nicht daran erinnert! – Frau des Enkels des Assarakos wurde sie genannt, auf dass nämlich einst der große Caesar Ahnen habe, die von Iulus abstammen. (125) Auch war für Venus keine Zeit passender als der Frühling: Im Frühling erglänzen die Länder, im Frühling ist aufgelockert das Feld. Jetzt erheben aus um gebrochenem Boden die Gräser ihre Spitzen, jetzt treibt der Rebschössling aus der schwellenden Rinde die Knospen. Und die schöne Venus ist würdig einer schönen Zeit, (130) und wie sie es (zu tun) pflegt, ist sie ihrem Mars benachbart. Im Frühling lässt sie bauchige Schiffe über die mütterlichen Meere fahren und nicht mehr die Drohungen des Winters fürchten.

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