C. PLINIUS ARRIANO SUO S.
Ut in vita sic in studiis pulcherrimum et humanissimum existimo severitatem comitatemque miscere, ne illa in tristitiam, haec in petulantiam excedat. Qua ratione ductus graviora opera lusibus iocisque distinguo. Ad hos proferendos et tempus et locum opportunissimum elegi, utque iam nunc assuescerent et ab otiosis et in triclinio audiri, Iulio mense, quo maxime lites interquiescunt, positis ante lectos cathedris amicos collocavi. Forte accidit ut eodem die mane in advocationem subitam rogarer, quod mihi causam praeloquendi dedit. Sum enim deprecatus, ne quis ut irreverentem operis argueret, quod recitaturus, quamquam et amicis et paucis, id est iterum amicis, foro et negotiis non abstinuissem. Addidi hunc ordinem me et in scribendo sequi, ut necessitates voluptatibus, seria iucundis anteferrem, ac primum amicis tum mihi scriberem. Liber fuit et opusculis varius et metris. Ita solemus, qui ingenio parum fidimus, satietatis periculum fugere. Recitavi biduo. Hoc assensus audientium exegit; et tamen ut alii transeunt quaedam imputantque quod transeant, sic ego nihil praetereo atque etiam non praeterire me dico. Lego enim omnia ut omnia emendem, quod contingere non potest electa recitantibus. At illud modestius et fortasse reverentius; sed hoc simplicius et amantius. Amat enim qui se sic amari putat, ut taedium non pertimescat; et alioqui quid praestant sodales, si conveniunt voluptatis suae causa? Delicatus ac similis ignoto est, qui amici librum bonum mavult audire quam facere. Non dubito cupere te pro cetera mei caritate quam maturissime legere hunc adhuc musteum librum. Leges, sed retractatum, quae causa recitandi fuit; et tamen non nulla iam ex eo nosti. Haec emendata postea vel, quod interdum longiore mora solet, deteriora facta quasi nova rursus et rescripta cognosces. Nam plerisque mutatis ea quoque mutata videntur, quae manent. Vale.
Plinius – Epistulae – Liber octavus – Epistula – Übersetzung
Deutsche Übersetzung: (Buch 8, Brief 21)
C. Plinius grüßt seinen Arrianus
Wie im Leben, so halte ich es auch bei den Studien für das Schönste und Natürlichste, Ernst und Heiterkeit miteinander zu verbinden, damit das eine nicht in Verdrießlichkeit, das andre nicht in Leichtfertigkeit ausartet. Das ist der Grund, weshalb ich meine ernsteren Arbeiten mit Scherzen und Spielereien wechseln lasse. Um diese zutage zu fördern, habe ich mir den günstigsten Zeitpunkt und die bequemste Stelle ausgesucht, und damit sie sich schon jetzt daran gewöhnen, vor unbeschäftigten Leuten und bei Tische zu Gehör zu kommen, habe ich im Monat Juli, wo die Rechtsstreitigkeiten im allgemeinen ruhen, Sessel vor die Speisesofas stellen lassen und meine Freunde daraufgesetzt. Zufällig wurde ich am gleichen Tage morgens überraschend zu einem Plädoyer gebeten, und das bot mir den Stoff zu ein paar einleitenden Worten. Ich bat nämlich, mich nicht der Gleichgültigkeit gegen mein Werk zu zeihen, wenn ich mich trotz der angekündigten Vorlesung – vor Freunden, gewiß, und zwar nur einigen wenigen – dem Forum und meinen Pflichten, das heißt: ebenfalls Freunden, nicht entzogen hätte. Ich sagte weiter, diese Reihenfolge hielte ich auch beim Schreiben inne; erst komme die Pflicht, dann das Vergnügen, erst der Ernst, dann die Annehmlichkeit, und beim Schreiben dächte ich in erster Linie an meine Freunde, dann erst an mich. Mein Buch bot ein buntes Gemisch von kleinen Stücken in verschiedenen Metren. Ich traue meinem Talent ja nicht recht und versuche so, der Gefahr der Langeweile zu entgehen. Zwei Tage habe ich vorgetragen; der Beifall der Zuhörer wollte es so. Und obwohl andre dies und jenes überschlagen und sich auf diese Auslassungen noch etwas zugute tun – ich überschlage nichts und weise auch ausdrücklich darauf hin, daß ich nichts auslasse. Ich lese nämlich alles vor, um alles verbessern zu können, was unmöglich ist, wenn man nur ausgewählte Stücke vorträgt. – „Jenes Verfahren ist aber doch anspruchsloser, vielleicht auch rücksichtsvoller!“ – Gewiß, meins aber aufrichtiger und liebevoller. Denn wirklich lieben heißt, sich so geliebt zu glauben, daß man nicht befürchtet zu langweilen. Zu was sind Freunde denn sonst nütze, wenn sie nur zusammenkommen, um sich zu amüsieren? Wer ein gutes Buch eines Freundes lieber nur anhört, statt ihm auch dazu zu verhelfen, ist ein Parasit und einem Ignoranten gleichzuachten. Zweifellos hast Du bei all Deiner Liebe zu mir den Wunsch, dies bisher noch gärende Buch sobald wie möglich zu lesen. Du wirst es zu lesen bekommen, aber erst, wenn ich es überarbeitet habe. Das war ja auch der Zweck meiner Vorlesung. Und doch kennst Du schon einiges daraus. Das wirst Du hernach verbessert oder auch, wie es manchmal bei längerem Verweilen geschieht, verschlechtert gleichsam in neuer Fassung wieder vorfinden. Denn wenn man vieles ändert, erscheint auch das verändert, was stehengeblieben ist.